Gregor Markl: Die Erde – Eine Reise durch ihre Geschichte

Sachbuch. Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass es bereits vor der Entstehung der Erde irgendwo im All Planeten gegeben hat oder gar noch gibt, auf denen Menschen wie wir die Geburt unseres Planeten vor rund 4.55 Milliarden Jahren miterlebt haben könnten? Berücksichtigt man sämtliche Faktoren, so wird ein derartiges Ereignis ziemlich wahrscheinlich, fast zum sicheren Ereignis, zumindest statistisch gesehen. Das bedeutet, es könnte sein, muss aber nicht unbedingt. Diese Erkenntnis bildet in Gregor Markls Buch den Ausgangspunkt einer Reise zweier Jugendlicher durch die Geschichte der Erde. Beide haben für die Schule eine Arbeit zu schreiben: Pauls Thema ist die Entstehung eines Planeten, während Melanie eine Arbeit über Vulkanismus schreiben will. Möglich wird die Forschungsreise der beiden Protagonisten durch Pauls FORD (Fast Orbital Racing Device = schöner, schneller und stabiler Raum-Raser…). So beginnt ihre Expedition also am Freitag, dem 27. Juli vor 4‘556 Millionen Jahren. Lesende werden in der Folge Zeugen von fast ausnahmslos allen geologischen und kosmischen Ereignissen, die schlussendlich vor rund 3.6 Milliarden Jahren zum Planeten Erde geführt haben, auf dem Leben entstehen konnte. Auf 172 dichten Seiten erfahren Leserinnen und Leser alles über Vulkanismus, Gesteine, Mineralien, Diamanten, Gold, Gebirge und vieles mehr. Auch die verbleibenden 3.6 Milliarden Jahre der Erdentstehungsgeschichte werden beschrieben, allerdings in einer etwas geraffteren Form. Aber auch in diesem Teil lässt der Autor bei der Entstehung von Atmosphäre, Flora und Fauna keinen einzigen wichtigen Bereich aus: Saurier, Säuger, die Eiszeiten und schliesslich die Menschwerdung.

Das Buch endet in der Gegenwart und mit einem Ausblick auf die Zukunft. Wird der Mensch schliesslich irgendwann einmal alles Leben wieder vernichten? Markls Antwort ist zumindest im wissenschaftlichen Sinne tröstlich: Nein, denn es wird ihm nicht gelingen. Zumindest ganz einfaches Leben wird es immer geben, solange die Erde existiert, denn bestimmte Mikroben überleben Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt beinahe beliebig lange, anderen wiederum vermag auch kochendes Schwefel- oder Natronwasser nichts anzuhaben.

Gregor Markl – 1999 in Tübingen zum jüngsten Professor Deutschland berufen – versucht sich mit dem Buch «Die Erde» in der Quadratur des Kreises. Und er schafft es, beinahe zumindest! Denn hält man sich den Umfang und die Komplexität des Themas vor Augen, nichts weniger als die Entstehung, Geologie und Mineralogie der Erde, so hat er tatsächlich etwas Sensationelles geschaffen: Ohne Abstriche an wissenschaftlicher Korrektheit und Genauigkeit ein populärwissenschaftliches Werk zu verfassen, das tatsächlich auch für Laien les- und nachvollziehbar ist! Ob das Buch aber tatsächlich, wie vom Verlag angeregt, bereits ab 8 Jahren Verwendung finden soll, wage ich zu bezweifeln, ausser bei angehenden Genies vielleicht. Überhaupt stellt Markels Sachbuch grosse Ansprüche an Lesekompetenz, Interesse und Ausdauer, selbst wenn Paul und Melanies Erlebnisse einen öfters vergessen lassen, dass man gerade am Studium eines hochkomplexen Sachbuches ist. Schade auch, dass die Qualität der verwendeten Fotografien – wie in den meisten Geologiebüchern übrigens – nicht mit jener des Textes mithalten kann. Trotzdem: «Die Erde» ist ein anspruchsvolles Meisterwerk mit nur wenigen kleinen Schwächen.

Dieses Buch werden alle lieben, die an Geologie Interesse haben und sich von Umfang und Schwierigkeitsgrad des Themas nicht abschrecken lassen: Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Laien aber auch geologisch Vorgebildete werden dieses tolle Werk in der Freizeit lesen oder und für den Unterricht verwenden können.

Rezension: Peter Steffen

Gregor Markl: Die Erde – Eine Reise durch ihre Geschichte. cbj Verlag, 2008.

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