Tobias Wagner: Death in Brachstedt

Leo, 15 Jahre alt, ist auf der Suche nach seiner Identität, er weiss zurzeit nicht, was er vom Leben will. Seine Mutter ist schon länger tot und sein Vater leidet an einer beginnenden Demenz. Eines Morgens ist sein Vater, den Leo immer so bewundert hat, einfach verschwunden. Weiss der Himmel, wohin es ihn getrieben hat! Leo macht sich grosse Sorgen um seinen Vater, gleichzeitig geniesst er es, die Wohnung endlich für sich alleine zu haben. Er lässt sich von seinem Freund Henry überreden, gemeinsam einen Horrorfilm zu drehen. Henry besitzt nicht nur eine komplette Ausrüstung, sondern versteht vom Filmen eine ganze Menge und Leo fungiert als einziger Schauspieler. Mit Henry führt er lange Gespräche über das Leben, die Zukunft, über ihre Wünsche und Utopien, ihre Beziehungen zu Mädchen und auch darüber, dass man manchmal einfach der inneren Stimme vertrauen sollte. Die Dreharbeiten machen Leo so viel Spass, dass er die Angst um seinen Vater etwas zur Seite schieben kann. Die Zeit bis zur Premiere ist turbulent und verlangt von beiden grossen Einsatz und viel Flexibilität. Die erste Vorstellung findet in Leos Wohnung statt. All ihre Freunde sind eingeladen, auch ein paar Mädchen und mit ihnen Maja, zu der sich Leo hingezogen fühlt. Henry und Leo ernten viel Applaus, sogar Maja ist begeistert, nicht nur vom Film, auch vom Hauptdarsteller Leo. Diese erlebnisreiche Woche, der Erfolg mit dem Film und die vielen nahen Momente mit Henry geben Leo Kraft, mit der Wahrheit über den Verbleib seines Vaters irgendwie klarzukommen.
Tobias Wagner hat in jeder Hinsicht einen überzeugenden Coming-of-Age-Roman geschrieben. Leo ist ein genauer Beobachter, beschreibt vor allem die teilweise ziemlich schrägen Figuren so präzise, dass man sie beim Lesen immer vor Augen sieht. Der Plot bietet viele kleine, manchmal fast skurrile Episoden. Oft sind dies Erinnerungssequenzen an Leos Zeit mit seinem Vater, die auflockern, die aber auch Leos Gefühlsdurcheinander spiegeln. Leos Suche nach sich selbst ist vielschichtig und vor allem glaubwürdig erzählt. Ein stellenweise sperriger, aber überaus lesenswerter Debutroman für Jugendliche. Das Buch wurde mit dem Peter-Härtling-Preis 2025 ausgezeichnet. 206 Seiten.
Tobias Wagner: Death in Brachstedt. Beltz 2025. ISBN: 978-3-407-75995-5
Rezension: Maria Riss