Sherman Alexie: Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeitindianers

Arnold Spirit, genannt Junior, lebt in einem Reservat der Spokane Indianer. Er stottert und lispelt, er trägt eine übergrosse Brille und sagt von sich selbst, er sei mit Wasser im Gehirn zur Welt gekommen. Er wird ausgelacht, gehänselt, er wird fertig gemacht und ausgegrenzt. Nur seine Eltern und sein einziger Freund Rowdy halten zu ihm. Und dann beschliesst dieser verrückte Junior etwas absolut Unmögliches zu tun: Er will als Erster seines Stammes auf eine «weisse» High Scool ausserhalb des Reservates wechseln.

Dass dies ein echt schwieriges Unterfangen wird, das zeigt sich schon in den ersten Tagen: Niemand von den weissen Schülerinnen und Schülern spricht mit ihm, er kommt sich vor wie ein Aussätziger.

Aber Junior verschafft sich ganz allmählich Respekt, nicht nur weil er urkomische Comics zeichnet und weiss, wie man sich prügelt, sondern auch, weil er schlicht niemals aufgibt. Im Basketballteam ist er bald ein Spieler-Star, er gewinnt neue Freunde und verliebt sich in die wunderschöne Penelope. So wird aus dem Einzelkämpfer in kleinen Schritten ein akzeptierter, seine eigenen Grenzen überschreitender Mitschüler. Junior lebt in Widersprüchen, er gehört weder zur einen noch zur andern Welt und er drückt viele dieser Konflikte in seinen Cartoons aus.

Sherman Alexie ist mit den Tagebuchaufzeichnungen von Junior ein ganz wunderbarer Balanceakt geglückt: Die schrägen Comics, voller Witz und Ironie verbindet er mit einem überaus ernsthaften und auch spannenden Plot. Das bringt Lesende zum Lachen und zum Weinen zugleich. In leichter, ungezwungener, treffender und salopper Sprache berichtet der Autor über schmerzhafte Erfahrungen wie Tod, Einsamkeit und Verlust. Gerade diese Sprache macht das Buchgeschehen so authentisch. Junior ist ein Held, dem man gern begleitet, der zwar sehr viele Probleme hat, der sich aber wehrt, etwas unternimmt und auch zumindest in einzelnen Bereichen Erfolg hat. Wer mit dem Lesen dieses Romans beginnt, wird nur schlecht wieder aufhören können, zu sehr nimmt man bei der Lektüre Anteil. Sherman Alexie ist selbst in einem Spokane-Reservat aufgewachsen, «Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeitindianers» ist sein erstes Jugendbuch.

Rezension: Maria Riss

Sherman Alexie: Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeitindianers. dtv, 2011.

Zurück zur Übersicht