Tonje ist 10 Jahre alt. Sie lebt als einziges Kind in einem abgelegen Bergdorf in Norwegen. Hier ist die Welt überschaubar, hier lässt es sich gut leben. Der alte Gunnvall ist Tonjes bester Freund. Er ist zudem der begabteste Geigenspieler weit und breit, der beste Schlittenbauer, Berater und Geschichtenerzähler obendrein. Gunnar tut alles für seine kleine Freundin, diesen Wildfang. Sie ist es, die Licht in seine alten, oft dunklen Tage bringt. Aber dann ziehen trübe Wolken auf, ganz plötzlich. Da trifft ein Brief ein, der Gunnar völlig aus der Fassung bringt, schmerzliche Erinnerungen werden wach. Und dann bricht sich Gunnar auch noch den Oberschenkel und muss ins Krankenhaus. Zu dieser Zeit kommt eine grosse Frau, die Gunnar ziemlich ähnlich sieht, ins Dorf. Sie zieht mit ihrem grossen Hund in Gunnars Haus ein und behauptet auch noch, dies sei ihr gutes Recht. Obwohl Tonje ganz schreckliche Angst vor Hunden hat, überwindet sie diese und geht zu dieser Frau. Dort erfährt sie endlich die ganze Wahrheit, über Gunnar, über seine Frau, die ihn vor so langer Zeit verlassen hat, über die Tochter, die sich betrogen fühlt, über deren grosse Sehnsucht nach ihrem Vater. Tonje wäre nicht Tonje, wenn sie jetzt nicht etwas unternehmen würde.
Selten wird man beim Lesen eines Buches derart berührt. Selten gewinnt man Figuren, auch wenn sie sperrig und kantig sind, so lieb, wie in dieser Geschichte. Ganz stark erinnert der alte Gunnar an den Grossvater in Johanns Spyris Büchern von Heidi. Gunnar ist oft genauso griesgrämig und schweigsam und genau wie Heidis Grossvater liebt er die kleine Tonje über alles. Er ist er ein hervorragender Zuhörer und kann liebevoll, manchmal fast zärtlich sein. Maria Parr lässt Leserinnen und Leser, die plötzlich so kompliziert gewordene Welt, aus Tonjes Augen sehen. Und da wird deutlich, wie wichtig es ist, dass es Erwachsene gibt, die für einen da sind, die die Wünsche und Sorgen der Kinder genauso ernst nehmen, wie ihre eigenen. Obwohl das Buch schon 2010 erschienen ist, sei es an dieser Stelle wärmstens empfohlen. Für Kinder ab etwa 9 Jahren und Erwachsene gleichermassen.

Maria Parr: Sommersprossen auf den Knien. Oetinger 2013. ISBN: 978-3-8415-0234-6

Rezension: Maria Riss