Marc-Uwe Kling: Das Klugscheisserchen

Mit Bildern von Astrid Henn

Tina Theufel – mit TH–, zehn Jahre, sieben Monate und vier Tage alt und Theo Theufel – mit zwei TH – acht Jahre, fünf Monate und einundzwanzig Tage alt sind Geschwister und die zwei – ich darf es an dieser Stelle sagen, denn das Gleiche sagen ihre Eltern auch – sind echte Klugscheisser! Vor ein paar Tagen sind sie mit ihren Eltern in ein neues Haus gezogen – also genaugenommen ist es kein neues Haus, es ist schon älter, aber die Familie wohnt nun neu in diesem Haus – Entschuldigung, ich höre jetzt auf mit klugscheissen. Jedenfalls haben die Kinder noch lange nicht alle Geheimnisse des Hauses genügend erforscht und wollen deshalb auch heute wieder auf den Dachboden, denn dort ist es am aufregendsten. Wie schon am Tag zuvor verwandeln sie den Dachboden in eine Schaluppe und schippern mit scharlachroten Segeln an fünf Masten auf direktem Weg zum gefährlichen Barrakuda-Dreieck. Das Spiel ist in vollem Gange, Theo reckt seinen Holzsäbel in die Höhe, als sie plötzlich ein seltsames Geräusch hören. Vielleicht eine Ratte? Oder mehrere grosse fette Spinnen – oder vielleicht sogar Uropa Karl-Heinz? Da tönts entrüstet aus einer Kiste: „Na, hört mal!“, und ein kleines blaues Männchen mit Brille, etwa so gross wie ein Meerschweinchen, klettert heraus. Als die Kinder versuchen herauszufinden, was oder wer dieses Männchen sein könnte – ein Gnom oder vielleicht ein Klabautermann – werden sie zuerst von ihm belehrt: «Ein Klabautermann lebt bitteschön auf einem Schiff und nicht auf einem Dachboden und eine Schaluppe hat nur einen Mast und somit unmöglich Platz für fünf Segel und überhaut heisst es Bermuda-Dreieck und nicht Barrakuda-Dreieck, letzteres ist nämlich ein Fisch, genauer ein Pfeilhecht.» Sie ahnen mittlerweile vermutlich, was dieses Männchen sein könnte: genau – ein Klugscheisserchen! Aber nur echte Klugscheisser sind in der Lage, ein Klugscheisserchen zu sehen. (Falls Sie also kleine blaue Männchen sehen sollten, wissen Sie nun, was es geschlagen hat). Tina und Theo sind sich sicher, dass auch ihr Papa dafür Klugscheisser genug ist und schliessen mit ihm sogar eine Wette ab. Die beiden müssen sich aber ganz schön ins Zeug legen, damit sie die Wette gewinnen. Als dann auch Mama das Klugscheisserchen sehen kann, wird dem kleinen Männchen klar, dass die absolut passendste Familie ins neue Haus (also es ist ja eben nicht neu … Entschuldigung…) eingezogen ist.

Mit dem Klugscheisserchen ist Marc-Uwe Kling erneut ein absolut witziges und sprachgewandtes Kinderbuch gelungen – mit genialen Bildern von Astrid Henn – an dessen Geschichte sowohl Kinder als auch Erwachsene grossen Spass haben werden. Passend zur Geschichte über ein Klugscheisserchen hat der Autor eine anspruchsvolle Erzählweise mit durchaus nicht einfachem Vokabular gewählt. Zwischendurch  kommentiert er seinen eigenen Text, was die Lektüre ebenfalls anspruchsvoll macht, aber den ironisch humorvollen Ton dieser Geschichte unterstreicht. Dieser gekonnte Umgang mit Sprache wird wohl nicht nur die Klugscheisser unter den Lesenden erfreuen. Empfohlen zum Vorlesen ab ca. 8 Jahren, zum Selberlesen frühestens ab ca. 9 Jahren.

Marc-Uwe Kling: Das Klugscheisserchen. Carlsen 2023. ISBN: ‎ 978-3551522825

Rezension: Sara Grunauer

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