Leseförderung mit Ricardo

Versteht man Lesen als Fähigkeit, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, wie das bspw. Pisa tut, dann können in der Leseförderung nicht nur literarische Texte eine Rolle spielen. Ein Verständnis von Leseförderung, das einen Bezug zum Alltag herstellen möchte, ist jedoch keineswegs neu: Eine amerikanische Versandfirma, die auch die abgelegenen Farmen erreichen wollte, produzierte 500-seitige Kataloge, die auch illustriert waren und die bereits 1904 eine Auflage von einer Million erreichten. Dieser Katalog war, wie Blom (2014: 372) schreibt, nicht nur ein Bestseller, sondern auch für die Schulen zentral:

«Zusammen mit der Bibel war Sears’ Katalog das meistgelesene Buch Amerikas, und seine kurzen Texte und lebhaften Illustrationen machten es zum idealen Lesestoff für Volksschulen, wo Kinder anhand von Produktbeschreibungen lesen und anhand von Bestellungen rechnen lernten.»

Kürzlich sind sämtliche Lehrpersonen in Bolivien, die in ländlichen Schulen unterrichten, zu einer Weiterbildung verpflichtet worden, in der sie lernen sollen, wie den Schülern und Schülerinnen Lesen, Schreiben und Rechnen so beigebracht werden kann, dass sie in ihrem Alltag davon profitieren. Vielleicht müsste ein solcher Katalog für Bolivien erst noch erfunden werden – in der Schweiz wäre es wohl eher ein digitaler «Katalog» wie www.ricardo.ch, möglichst mit einer Aufklärung zum Risiko der Schuldenfalle.

Afra Sturm, Zentrum Lesen

 

Blom, Philipp (2014): Der taumelnde Kontinent. Europa 1900–1914. 4. Aufl. München: dtv.

 

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