Lea-Lina Oppermann: Was wir dachten, was wir taten

Der ganze Albtraum beginnt an einem ganz gewöhnlichen Dienstagmorgen während einer Matheklausur. Ein Attentäter, vermummt und mit vorgehaltener Pistole, hat sich Zugang zum Klassenzimmer verschafft. Er knallt dem Lehrer einen Stapel Couverts aufs Pult. Darin sind Aufgaben für einzelne Mitglieder der Klasse notiert. Anscheinend kennt der Attentäter die Klasse sehr genau, denn durch diese Befehle werden die Geheimnisse der Schülerinnen und Schüler schonungslos offenbart: Lügen, Diebstahl, heimliche Liebschaften, Arroganz, Neid. Und er meint es ernst, dieser Attentäter, er schiesst immer wieder und einige werden auch verletzt. Erst nach 143 Minuten wird der Attentäter enttarnt, die Klasse befreit. Niemals wieder wird es sein wie früher, zu tief sitzt der Schock, zu viele Geheimnisse wurden ans Tageslicht gezerrt. Mark, Fiona und der Lehrer erzählen diesen realen Albtraum abwechselnd und aus unterschiedlichen Perspektiven. Mark kann sich am besten in den Attentäter einfühlen, weil er selber ein Aussenseiter ist. Er spürt eine gewisse Genugtuung, als die Tricks und Lügereien der Leader aus der Klasse aufgedeckt werden. Fiona will helfen, will vermitteln, traut sich aber doch nicht, sich wirklich zu wehren, zu gross ist ihre Angst. Der Lehrer wiederum ist voller Wut, er bleibt passiv und wehrt sich nicht wirklich für seine Schülerinnen und Schüler. Seine starken Schultern sind nur aufgepolstert, das wussten die meisten der Klasse bereits vorher.
Die erst 19-jährige Autorin hat einen richtigen Psychothriller geschrieben. Zu Recht wurde dieser Debütroman mit dem «Hans-im-Glück-Preis» für Jugendliteratur ausgezeichnet. In einer sehr prägnanten, einfachen Sprache beschreibt sie das Geschehen so, dass man das Gefühl hat, selber im Klassenraum zu sitzen. Die beklemmende, grauenhafte Stimmung wird in jeder Zeile spürbar. Durch die drei verschiedenen Erzählperspektiven erhält der Plot zusätzlich einen gewissen Tiefgang und man versteht gar einzelne Motive und Handlungen. Die Spannung bleibt bis zum Ende dermassen gross, dass jugendliche Leserinnen und Leser ihre Lektüre kaum vor der letzten Seite abbrechen werden.

Lea-Lina Oppermann: Was wir dachten, was wir taten. Beltz 2017. ISBN: 978-3-407-82298-7

Rezension: Maria Riss

 

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