Buch des Monats Juni

G.R. Gemin: Milchmädchen

Die vierzehnjährige Gemma wohnt in einer heruntergekommenen Siedlung in Wales. Ihr Vater sitzt im Gefängnis, die Mutter ist dauernd am Arbeiten, überfordert und den kleinen Bruder kann sie für rein gar nichts brauchen. Gut, dass Oma in der Nähe wohnt und gut auch, dass Gemma sich mit Kate anfreundet. Kate, die sonst niemand mag, Kate, die stark ist, die sich einen Deut um die Meinung anderer schert und die ihre Kühe daheim auf dem Hof über alles liebt und sie auch melken kann. Und genau da liegt Kates Problem: Die Kühe sollen verkauft werden, sie rentieren nicht mehr. Gemma und Kate tun sich zusammen, gemeinsam hecken sie einen aberwitzigen Plan aus, wie die Kühe gerettet werden können: Sie bringen die Kühe heimlich in die Siedlung runter, in die Gärten von Leuten, die Kühe mögen. Bald dreht sich in der Siedlung alles nur noch um diese zwölf Kühe. Kinder bringen Gras und Heu, entfernen die Kuhfladen und die Erwachsenen lernen bei Gemmas Oma, wie man eine Kuh melkt und aus der Milch Käse herstellt. Plötzlich reden die Leute wieder miteinander, auch wenn nicht alle gleichermassen von diesen Viechern begeistert sind.

Nachzulesen, ob diese Kuh-Rettungsaktion gelingt, das macht sehr grossen Spass. Der Autor hat es geschafft, eine sehr spannende, temporeiche Geschichte zu schreiben und die Figuren trotzdem so detailliert zu zeichnen, dass man sie zu kennen glaubt. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob solch eine Aktion in der Realität wirklich durchführbar wäre. Es ist vor allem Gemma, die sich im Laufe der Geschichte stark entwickelt und verändert. Sie lernt, sich auszudrücken und sich zu wehren, nicht nur im Quartier und in der Schule, sondern auch in ihrer eigenen Familie. Plötzlich wird wieder geredet miteinander, plötzlich sind viele bereit, Neues zu wagen, gewohnte Bahnen zu verlassen und miteinander diese muhende Schar Kühe zu retten. Gemma und Kate beweisen mit ihrem Tun, dass man die Welt verändern kann, wenigstens ein bisschen. Und diese Botschaft, die darf ruhig auch wieder einmal so akzentuiert niedergeschrieben werden, wie es G.R. Gemin getan hat. Vor allem dann, wenn der Plot überzeugt, die Figuren so glaubhaft beschrieben sind und die Lektüre so unterhaltsam ist. Für Jugendliche ab etwa 12 Jahren.

G.R. Gemin: Milchmädchen. Königskinder 2016. Aus dem Englischen von Gabriele Haefs.  ISBN: 978-3551560261

Rezension: Maria Riss

 

Zurück zur Übersicht