Was wäre wenn…

Dozent: Prof. Susanne Vécsey | Assistenz: Norma Tollmann| Begleitung: Andreas Nütten

…wir das Jahresthema ‹Constructive Futures› auf Pratteln anwenden
würden und sich die Entwicklung dieser Agglomerationsgemeinde zeitgemäss
ausrichten liesse? Wie finden wir starke Ideen und geeignete
Massnahmen für deren Umsetzung?
Möglicher Antrieb für unser Handeln sind die Missstände aber auch die
Potenziale eines Ortes. Aufgrund des starken Gewerbe- und Industriestandorts
dominieren in den dafür vorgesehenen Zonen der Verkehr und
versiegelte Flächen. Der öffentlichen Raum erfährt kaum Aufmerksamkeit
und eine Verbindung zwischen den im Süden gelegenen Wohngebieten
und dem im Norden gelegenen Rhein als potenzieller Erholungsraum ist
so gut wie nicht existent. Andererseits verfügt die ‹Agglo› über einen ihr
eigenen Charme, wohnt ihr doch mehr Wildheit und Freiheit inne als den
wohlregulierten Kernzonen unserer Städte und Dörfer.
Ein weiterer Antrieb für unser Handeln sind unsere Ideale für eine bessere
Zukunft. Sie existieren losgelöst von der Realität, liegen in uns verborgen,
in der Luft oder auf der Hand und warten darauf, umgesetzt zu werden.
Was also möchten wir bewahren, was transformieren, was hinzufügen?
Für dieses Semester wollen wir mit einem weitgefassten Blick die landschaftliche
Dimension von Pratteln – als einem von vielen Orten seiner Art
– erfassen und mit landschaftlichen Mitteln eine positive Entwicklung anstossen.
Das Jahresthema ‹Constructive Futures› inspiriert uns, mit bisherigen
Handlungsmustern zu brechen und in neue Richtungen zu denken.

Realität und Vision
In Fokusprojekt 1 wollen wir uns mit der Raumerkundung und mit Zukunftsvisionen
befassen. Durch Spaziergänge, Kartenstudium sowie Recherchen
zur Historie und laufenden Planungen wollen wir einen differenzierten
Eindruck des Ortes erlangen. Gleichzeitig gilt es, sich von geeigneten
Referenzen inspirieren oder von individuellen Wunschvorstellungen leiten
zu lassen, um Visionen zu entwickeln, die den Raum grossmassstäblich
klären und qualifizieren könnten. Wozu würde sich Pratteln besonders eignen?
Wie könnte Pratteln zu einem Vorzeigebeispiel werden? Mit welchen
landschaftsbasierten Strategien und Freiraumtypologien könnte ich
der Komplexität der Realität begegnen? Welcher funktionale und ästhetische
Mehrwert liesse sich generieren?
Analyse und Entwurf sind nicht hintereinander geschaltet, sondern laufen
parallel, da bereits Lesart und Interpretation eines Ortes Teil eines konzeptionellen
Prozesses sind, der ebenso Entwurfsansätze integriert und
permanent mit dem Vorgefundenen rückkoppelt; die konzeptionelle Analyse
ist gleichermassen Erkundung des Raums und Erkundung von Möglichkeiten.

Amalgam Landschaft
In Fokusprojekt 2 wollen wir mit konkreten Massnahmen die Stadtlandschaft
Pratteln neu prägen und Realität und Vision zusammenführen, auf
dass sie eine tragfähige Verbindung eingehen.
Mit landschaftlichen Eingriffen, die der Bepflanzung den Vorrang geben
vor der Bebauung, die Vernetzung stärker gewichten als Verdichtung und
die durch Entsiegelung asphaltierter Flächen der Überhitzung vorbeugen
sowie ein besseres Mikroklima schaffen, wollen wir üben, im grossen städtebaulichen
Massstab zu arbeiten.
Wir wollen landschaftliche Projekte entwickeln, welche die Bautätigkeit
beeinflussen werden und nicht umgekehrt, wie in Pratteln bisher geschehen.
Wir wollen mit Vegetation Flächen besetzen oder aufwerten oder entsprechende
Bebauungstypologien begünstigen. Dieses Zurückhalten der
Bautätigkeit sehen wir als Chance, innezuhalten, sich verselbständigende
Prozesse zu stoppen und über neue Strategien nachzudenken.
Die Veränderung von Landschaft erfolgt meist langsam und soll daher in
mehreren Schritten als Prozess gedacht werden. Konkrete, punktuelle Entwurfsvertiefungen
gehören ebenso zur Schlussabgabe wie Zukunftsszenarien
für Pratteln.

Joseph Beuys, 7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung, Landschaftskunstwerk, documenta 7, Kassel 1982 – 87
Joseph Beuys, 7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung, Landschaftskunstwerk, documenta 7, Kassel 1982 – 87
Joseph Beuys, 7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung, Landschaftskunstwerk, documenta 7, Kassel 1982 – 87