LANDSCHAFT

Im Jahr 1967 reiste der Künstler Robert Smithson nach Passaic, einer kleinen Stadt in New Jersey, USA. Er wanderte durch die Stadt und fotografierte Situationen und Gegenstände, die er zu Monumenten dieser gesichtslosen Stadt ernannte. Smithsons Essay ‹The Monuments of Passaic› wurde erstmals in der Dezemberausgabe 1967 von Artforum veröffentlicht. Er beschreibt darin seine Streifzüge durch Passaic, unterbrochen von Gedanken über den Akt des Fotografierens der ironisch so genannten ‹Monumente› – der ephemeren materiellen Kultur einer Vorstadtlandschaft, die sich im (Um-)Bau befindet.

Für Smithson stellen Monumente ewige Markierungen des modernen historischen Fortschritts dar, und seine Vision von Passaic als postmodernem Brachland zielt darauf ab, dieses konventionelle Narrativ zu unterlaufen und einen alternativen Blick auf unsere Umwelt vorzuschlagen. In gewisser Weise – und ohne jeden Zynismus – bietet er uns eine Reflexion über diese vom Menschen umgestaltete Landschaft und über den Begriff der Dauer und der Zeitlichkeit.

«Has Passaic replaced Rome as the Eternal City?», fragt er sich, bevor er seine Aufmerksamkeit dem letzten Monument zuwendet: einem Sandkasten, einer Miniaturlandschaft, die sich ständig verändert.

Landschaftsarchäologie ist ein interdisziplinäres Forschungsfeld innerhalb der Archäologie, das sich mit der Untersuchung von Landschaften in ihrem historischen, kulturellen und ökologischen Kontext befasst. Ziel ist es, die Wechselwirkungen zwischen Menschen und ihrer Umwelt in vergangenen und heutigen Zeiten zu verstehen. Dabei wird die Landschaft nicht nur als physischer Raum betrachtet, sondern auch als sozialer, symbolischer und kultureller Raum, der durch menschliche Aktivitäten geformt wurde. Solche Kulturlandschaften sind Territorien, die in irgendeiner Weise von Menschen verändert wurden, einschliesslich temporärer Strukturen.

Das Abtragen von Böden oder das Aufschütten von Aushubmaterial prägen Kulturlandschaften dauerhaft. Aushub- und Abraummaterial besteht hauptsächlich aus Felsen und Erde und entsteht beim Ausheben von Gebäudefundamenten sowie beim Bau von Infrastrukturprojekten. Dieses Material stellt mit jährlich rund 40 – 60 Millionen Tonnen die mit Abstand grösste Abfallmenge dar. Der Transport dieser Abfälle ist mit hohen CO2- und Lärmemissionen verbunden und die Entsorgung beansprucht viel Platz in Kies- gruben und Deponien. Ein grosser Teil dieses Abfalls geht auch per LKW in die Nachbarländer. Was, wenn diese Masse ein verborgenes Potenzial für die Gestaltung der Landschaft darstellt? Was wäre, wenn dadurch Orte mit einem hohen kollektiven Identifikationspotenzial geschaffen werden könnten, ohne dass mehr als erforderlich gebaut werden müsste? Minimale Interventionen könnten Bodenressourcen materiell, aber auch ästhetisch als formende Ressourcen in Wert setzen und auf diese Weise spezifische lokale Topografien und Nutzungsprogramme erschaffen.

Landschaften sind sowohl kulturelle als auch physische Einheiten, die auf dem Gestaltungswillen von Individuen in Verbindung mit gesellschaftlichen und/oder ökonomischen Strömungen basieren. Hieraus gingen und gehen besondere Orte und räumliche Identitäten hervor.

Angesichts der totalen Überformung der Landschaft befasst sich die neue Disziplin Landschaftsurbanismus mit der wechselseitigen Verflechtung von ritueller, politischer, wirtschaftlicher und sozialer Nutzung urbaner Räume und deren Dynamiken. Hieraus definiert sich der neue Typus der urbanen Landschaft, der Gebautes und Bebautes – vereinfacht Stadt und Land, also Objekte, Siedlungsstrukturen, Infrastrukturen und Freiräume – konzeptionell und synergetisch zusammendenkt.

Dieses Konzept entspricht den Alltagserfahrungen und der alltäglichen Nutzung, den täglichen und lebenszyklischen Erfahrungen, wenn sich Menschen vom Wohnstandort aus durch Nachbarschaften, öffentliche Räume und spezielle Orte bewegen. Die Bewegung wird durch physische Durchlässigkeit ermöglicht, aber auch durch Barrieren sowie unsichtbare Grenzen eingeschränkt, die die Menschen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihres Alters und ihres sozialen Status an unter- schiedliche Orte verweisen.

Es bestehen Arten von Bauwerken, die weithin zugänglich sind, wie z. B. monumentale Strukturen, die ein sofort erkennbares Profil und eine Ikonographie der Zugehörigkeit aufweisen. Hier sind Denkmäler aus stadtplanerischer Sicht interessant, weil sie Orte, Orientierungspunkte in der Landschaft markieren und zu ihrer Organisation beitragen, sowohl mental als auch physisch. Es ist nicht ihre Bedeutung, die uns anspricht, sondern ihre Erkennungs- und Lokalisierungskraft.

In diesem Semester möchten wir das Potenzial landschaftlicher Interventionen in Kombination mit der Implementierung öffentlicher Programme erkunden, um neue Monumente für Oftringen zu schaffen.

Was wäre, wenn wir diese Räume neu denken würden? Öffentliche Programme könnten so entworfen werden, dass die Schwelle zwischen Innen und Aussen sich ausdehnen und zusammenziehen kann. Wenn wir Architektur und Landschaft nicht mehr als zwei getrennte Disziplinen betrachten, sondern sie als integralen Teil derselben kontinuierlich urbanisierten Landschaft wahrnehmen, werden die klaren Grenzen zwischen Gebäuden und ihrer Umgebung durchlässig. Das öffentliche Programm ist einerseits verflochten mit seiner Umgebung und andererseits als Ort der Mitte verwurzelt. Es betont die Perspektive der Schwelle als einen transitorischen, transformierbaren und transparenten Raum. Eine neue Mehrdeutigkeit entsteht, in der wir ‹dazwischen› sein können. Es ist ein Ort der Inklusion. Ein Ort, der von traditionellen Erwartungen abweicht. Hierzu sollen baulich-topografische Nutzungshybride entworfen werden, die dynamische und multi-funktionale Aneignung ermöglichen und als vernetzte Orte im öffentlichen Raum Mini-Landmarken (Monumente) als neue Orientierungs- und Ankerpunkte in der Agglomeration setzen.

FOKUSPROJEKT 1:

Monumente und Narrativ

Zu Beginn der Aufgabenstellung setzen wir uns mit dem Thema Monumente auseinander, die als neue Orientierungspunkte und Anker in der Agglomeration dienen. Hierfür entwickeln wir architektonische Konzepte und Freiräume. Diese Monumente sollen eine starke Präsenz entfalten, um den Raum prägnant zu gestalten, ihn thematisch zu gliedern und ein Narrativ für die landschaftliche Raumkonzeption zu schaffen. Begleitend dazu erstellen wir eine Bildstrecke desr bestehenden Monumente, um das Wesen des Ortes zu erkunden und in den städtebaulichen Entwurf einzubinden. Das Ziel ist es, eine kohärente Freiraumkonzeption zu erarbeiten, die atmosphärisch beschrieben und räumlich strukturiert wird. Dieses Konzept bildet das tragende Gerüst für die weitere Planung.

Abgabe als Einzelarbeit

  • Bildstrecke Monumente von Oftringen
  • Konzeptskizzen
  • Konzeptueller Situationsplan Mst. 1:1000 / 1:500
  • Abstrakte Modelldarstellung global oder fragmentarisch
  • Fokusdarstellungen als Plan oder als Isometrie

FOKUSPROJEKT 2:

Projektausarbeitung

Im Fokusprojekt 2 soll aus den Konzeptideen einer landschaftlichen Intervention ein Entwurf für einen baulich-topografischen Nutzungshybrid entwickelt werden. Neben der vertieften Präzisierung der urbanen Landschaft wird parallel die Detaillierung eines wesentlichen öffentlichen Programms vorangetrieben. In dieser Phase ist es besonders wichtig, traditionelle Vorstellungen zu überwinden und neue Wege aufzuzeigen, wie Monumente als vernetzte Orte einen Beitrag zum öffentlichen Raum leisten können.

Abgabe als Einzelarbeit

  • Erläuterungen zum Projekt in Schriftform und freier Darstellung
  • Situationsplan Mst. 1:1000 / 1:500
  • Zur Erläuterung des Projektes notwendige Schnitte
  • Fokusdarstellungen öffentliches Programm, Plan oder Isometrie Mst. 1:200 bis 1:50
  • Visualisierung zur umfassenden Erläuterung des Projektes
  • Modelldarstellung Mst. 1:1000 bis 1:50 global oder fragmentarisch
Topografie von Oftringen, Atlas des Dazwischen, Hannah Reul, Noé González Gómez, Noel Packeiser