Baukulturen
Unser Verständnis von Baukultur lehnt daran an, wie der Begriff in den aktuellen Diskursen der Politik, Architekturforschung und Denkmalpflege verwendet wird. Baukultur bedeutet für uns, dass wir die gebaute Umwelt als Ganzes in den Blick nehmen. Das heisst, wir betrachten nicht nur einzelne Bauten oder Baugattungen, nicht nur ausgewählte architektonische Meisterwerke, sondern die Bauproduktion in ihrer ganzen Breite, was anonyme Architektur, insbesondere auch technische Bauwerke sowie den städtebaulichen Kontext einschliesst. Ausserdem gehören zur Baukultur auch die Diskurse und Prozesse um das Bauen, sowie die Akteur:innen, die Entscheidungen treffen, und die Menschen, die in und mit der gebauten Umwelt leben.
Für unsere Forschung steht der Begriff somit für eine Methode, die uns eine umfassende Perspektive auf das Bauen der drei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnet. Wir sprechen zudem über Baukulturen im Plural, weil es in der Schweiz eine regionale Vielfalt mit unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Zusammenhängen gibt.
Ziel unseres Forschungsprojekts ist es, insbesondere die historische Dimension von Baukultur stärker in den aktuellen Baukulturdiskurs einzubeziehen. Es fehlt bisher an einer vermittelnden Vision zwischen einer prospektiven Baukultur, die sich auf das Bauen der Gegenwart und Zukunft ausrichtet, und einer retrospektiven Baukultur im Sinne einer historischen Sichtweise. Unsere Forschung setzt sich dafür ein, dass das baukulturelle Erbe der Nachkriegszeit in seiner grossen Bedeutung für das aktuelle Baugeschehen noch mehr gewürdigt wird. Jenseits der geringen Anzahl an geschützten Denkmalen gibt es eine grosse Menge an Bauten, die Qualitäten aufweisen und im Sinne der Nachhaltigkeit erhalten, umgenutzt oder umgebaut, anstatt durch Neubauten ersetzt werden sollten.