Feed the city – improve the village: Stadt und Land im Kreislauf gedacht

Stadt-Land Genossenschaft

Vision 2037: Im Rahmen des «Urban Food Policy Pact» (1), den die Stadt Basel 2015 in Mailand unterzeichnet hat, haben sich die Gemeinde Rickenbach, ein landwirtschaftlich geprägtes Dorf im Baselbieter Hügelland, und die Bewohnerinnen und Bewohner des Landhofs, einer Blockrandbebauung im Herzen von Basel, ehemalige Heimstätte des FC Basel und in unmittelbarer Nähe des Messeplatzes gelegen, entschlossen, eine Stadt-Land-Genossenschaft zu gründen. Ziel ist es, die Ernährung von Stadt und Land gemeinsam zu denken, Vernetzung und Austausch zu fördern und damit einen Beitrag zu einem zukunftsfähigen, d.h. ökonomischen, sozialen, gesunden und ökologischen Ernährungssystem zu leisten und durch die Nutzung von Synergien zukunftsweisende Visionen für lebenswerte Orte in Stadt und Land zu entwickeln.

Die im Milan Urban Food Policy Pact empfohlenen Massnahmen zielen darauf ab, gesunde, regionale, saisonale und umweltfreundliche Ernährungs- und Anbausysteme zu fördern; die Produktionsgrundlagen langfristig zu erhalten; Ernährungssicherheit zu gewährleisten und die Selbstversorgung zu erhöhen; das Denken in Nährstoffkreisläufen zu fördern; gesunde Lebensmittel für alle zugänglich zu machen; kleinbäuerliche Produktion zu fördern; Biodiversität zu erhalten; Gemeinschaftsgärten und -küchen zu fördern; Lebensmittelverluste zu reduzieren; Wissen und Bewusstsein für gesunde Ernährung zu erhöhen; eine urbane und stadtnahe Lebensmittelproduktion zu etablieren; kurze, direkte Versorgungsketten zu stärken sowie die Ausbildung und Forschung zu intensivieren.

Rickenbach und der Landhof, welche beide eine Einwohnendenzahl von 600 Personen aufweisen, haben dafür je ein Gebäude ausgewiesen, das umgebaut werden und die notwendigen Funktionen aufnehmen kann. Dabei handelt es sich einerseits um die FCB-Tribüne im Zentrum des Landhofs und andererseits um ein landwirtschaftliches Gebäude im Kern von Rickenbach, welches leer steht, seitdem die Landwirtschaftlichen Betriebe gewachsen sind und ausserhalb des Dorfkerns liegen. In die bestehenden Gebäude sollen fehlende, aus dem Kontext abgeleitete Funktionen und Nutzungen eingeschrieben werden, die allen Bewohnerinnen und Bewohnern zugute kommen. Die entstehenden Räume sind keine Einzelobjekte, sondern Teil der gesamten Nachbarschaft und mehrerer vernetzter Lebensräume. Sie sollen eine Relevanz für das Gesamtgefüge entwickeln, Synergien vor Ort und zwischen Stadt und Land schaffen und zur Stärkung der lokalen, klimaschonenden Ernährung beitragen.

Block 1: Vision für zwei Orte und ihre Vernetzung

Zunächst nähern wir uns den beiden Orten an, indem wir sie als Semester gemeinsam untersuchen. In der soziologischen Untersuchung geht es darum, mehr über die Menschen, ihre Essgewohnheiten und ihren Alltag zu erfahren. Wo kaufen Sie ein? Wo arbeiten sie? Welche Beziehung haben Sie zu Pflanzen und Tieren? Haben sie Gärten? Wie wichtig ist Ernährung für sie?

In einem weiteren Schritt konzentrieren wir uns auf die gebauten Räume, die Topographie und die Vegetation. Was macht den Ort aus, was sind seine räumlichen Eigenschaften? Welche Qualitäten und Defizite gibt es, woran kann festgehalten werden, wo sind Eingriffe wünschenswert? Wie kann sich der Ort entwickeln, wo liegen die Potenziale, wo die ungehobenen Schätze?

Schliesslich analysieren wir die konkreten Gebäude und ihre Umgebung, indem wir die Situation und die Gebäude aufmessen und Schichtenpläne erstellen, die die lokale Geschichte, die Nutzung, die Möblierung und Infrastruktur, das Bodenrelief, die Materialien, aber auch Wettereinflüsse und Sonneneinstrahlung, Sinneswahrnehmungen, Bepflanzung, Tierbestand etc. darstellen.

Indem wir die Erkenntnisse aus den soziologischen mit den räumlichen Beobachtungen verknüpfen und den Charakter der beiden sehr unterschiedlichen Orte diskutieren und entwickeln wir in Zweierteams Visionen für beide Standorte sowie zwei konkrete Projektvorschläge.

Block 2: Konstruktion und Raum

Im zweiten Block erarbeiten wir in Einzelarbeit ein detailliertes Nutzungs- und Raumprogramm für einen Standort. Ausgehend von den analysierten Gebäuden lernen wir gedämmte Konstruktionen kennen, nehmen vor Ort die Konstruktionsdetails auf und leiten daraus die Fassadenschnitte ab. Wir vertiefen das Verständnis, auf welche konstruktionsbestimmenden Einflüsse, das heisst vor allem physikalischen Gesetzmässigkeiten, das Detail reagieren muss. Wir sammeln und vergleichen gebaute Details, sowohl vor Ort als auch auf der Studienreise, die auf ganz unterschiedliche Weise mit den Themen Wasser, Sonne, Gewicht oder Nutzung umgehen, um unser architektonisches und konstruktives Repertoire zu erweitern.

Die erarbeiteten Schnitte senden wir im Anschluss an unter-schiedliche Extremwetterorte der Welt. Auf diese Weise testen wir, wie sich die Konstruktionen unter klimatischen Einflüssen verändern und erörtern, was unter Klimaanpassung zu verstehen ist. Die Erkenntnisse fliessen in die Gestaltung der Projekte in Rickenbach und auf dem Landhof ein.

Indem wir die Themen Licht und Schatten, Öffnung und Rückzug, Wegeleitung, Schwellen und Raumhierarchien und Treppen bearbeiten, entwerfen wir die Umbauten und deren Materialität.

Block 3: Detail und Ganzes

Im letzten Block geht darum, ein in sich stimmiges Projekt auszuarbeiten. Es um die Entwicklung der Details und den Bauprozess. Wir beschäftigen uns mit dem Fügen von Alt und Neu, mit Brüchen, Kompositionen und mit der Wiederverwendung von Bauteilen. Wir lassen wo möglich die Themen des Nahrungsmittelkreislaufs, das Bilanzieren oder die Nisthilfen für Tiere aus dem vergangenen Semester in die Projekte einfliessen und entwickeln so ganzheitliche Projekte, die wir im Laufe des Semesters immer wieder untereinander sowie mit Gästen aus Soziologie, Stadtentwicklung, Architektur und Ökologie diskutieren.

(1) https://www.milanurbanfoodpolicypact.org/the-milan-pact/

Rickenbach, 2024. Foto: F. Kluge
Rickenbach, 2024. Foto: F. Kluge
Landhof Basel, 2024. Foto: F. Kluge